User Generated Company Value (3)

Nach der Diskussion der Problematik (Teil 1) und der Vision (Teil 2) nun die Mission im dritten Teil:

Nutzer haben in der Internetökonomie ganz bestimmte Kernkompetenzen auf denen alle diese neuen kommerziellen Social-Media-orientierten Webangebote ganz wesentlich basieren. Ohne den von den Anbietern fest einkalkulierten stetigen Zufluss der honorarfreien Beiträge und weiteren aktiven Leistungen der Nutzer gäbe es diese Angebote überhaupt nicht. Bestehende Angebote würden sich ohne diese auch gar nicht rechnen. Sie sind gar nicht darauf angelegt. Nachträgliches Verbiegen der bestehenden Modelle wie bei YouTube dürfte nicht ganz einfach sein bzw. nicht ganz konsistent.

Im wesentlichen handelt es bei diesen Leistungen einerseits um Community-orientierte Aktivitäten und andererseits um redaktionell-inhaltliche. Das Anwerben von neuen Mitgliedern für eine Community ist beispielsweise eine ganz bekannte Leistung aus dem Zusammenspiel von Public Relations, Marketing und Vertrieb. Das kann durch das Anschalten von Buttons auf der eigenen Webseite sein, durch Links und Besprechungen in Artikeln in eigenen Blogs oder schlicht durch Empfehlungen und Mundpropaganda im Freundes- und Bekanntenkreis. Früher Systemvertrieb, Schneeball- oder Pyramidensystem genannt, heute etwas eleganter und nebulöser Virales Marketing. Dabei geht der Nutzer heute monitär aber weitgehend leer aus, im Gegensatz zu früheren Versprechungen.

Erstellen von Inhalten sind im weitesten Sinne redaktionelle Arbeiten. Dazu gehört nicht nur das Erstellen und Veröffentlichen von Inhalten wie Texte, Bilder und Töne sondern hier auch das kommentieren und redigieren von Inhalten, was keinen geringen Teil des kommerziellen Webangebots ausmacht.

Aktive und engagierte Nutzer tragen also einen ganz wesentlichen Teil zum Erfolg von kommerziellen Webangeboten bei. Mit einer ganz wesentlichen operativen Rolle in PR, Marketing, Vertrieb und Redaktion. Wie kann ein innovatives Geschäftsmodell nun aussehen, das dem Rechnung trägt?

Mission 1: Beteiligt die Nutzer am Unternehmenserfolg durch Honorierung mit Anteilen bzw. Aktien. Erstellt einen Katalog von Leistungen, die ihr von den Nutzern konkret erwartet und sagt uns was die „Karmapunkte“ Wert sind in Anteilen!

Beispielsweise 10 Karmapunkte sind 1 Aktie wert. Einen werblichen Link-Button auf die eigene Webseite einbauen könnte beispielsweise 1 Punkt bringen, ein neues Community-Mitglied anwerben bringt vielleicht 3 Punkte, einen Beitrag liefern 2-5 Punkte je nach Güte oder Inhaltstyp. Eigentlich genauso wie es bisher auch häufig gemacht wird, nur mit dem Untzerschied, dass es sich hierbei nicht um Monopolygeld oder Lindendollars handelt, sondern um freikonvertierbare Währungen.

Mission 2: Schafft offiziell einen Topf aus dem diese Anteile bezahlt werden sollen!

Die Frage, die sich dann nur noch stellt ist, wie gross soll denn der Topf sein, aus dem die Nutzer bezahlt werden? Im Prinzip ist das eine freie Entscheidung der Anbieter. Ich denke aber auf Grund der Bedeutung der Rolle der Nutzer sprechen wir hier von einer Bandbreite von 25%-50% der Anteile. Bei Unternehmenswerten von einigen Millionen und Milliarden ergibt das immerhin einige Tausend für viele Nutzer, die aktiv Beiträge liefern und Arbeit leisten.

Eine Alternative ist natürlich auch, die Nutzer nur an den Einnahmen (wie an den Werbeinnahmen) zu beteiligen. Das halte ich für WischiWaschi und für das Weichei-Modell. An den eigentlichen Gewinnen wie am Unternehemnsverkauf wären die Nutzer ja nicht beteiligt.

Da mich dieses Thema gepackt hat, werde ich noch einen vierten Teil schreiben. Darin will ich einen non-profit WebService für die Lizensierung von Nutzerleistungen beschreiben und initiiern. Jetzt lehne ich mich aber ganz weit aus dem Fenster. Und bitte steinigt mich nicht dafür …

Nutzer, die fair honoriert werden, sind ganz besonders aktive und loyale Nutzer.

Also in Teil (4) die konkrete Planung des Vorhabens, nachdem wir in Teil 1 die Problematik diskutiert und Teil 2 die Vision und in hier im dritten Teil die Mission gezeigt und definiert haben. Ein straffes Rekap folgt auch noch. Die Bibel des Vorhabens.

Ich wäre sehr daran interessiert eure Meinungen dazu zu hören.

11 Kommentare zu „User Generated Company Value (3)

  1. Interessante Idee! Nur wage ich momentan zu bezweifeln, dass eine Plattform mit einem solchen Nutzerbeteiligungskonzept wirklich nennenswerte Investoren findet. Hätte YouTube dieses Konzept von Beginn an gefahren, hätte IMHO Google nie auch nur im Ansatz soviel Geld für das Unternehmen bezahlt.

    Ich denke, Investoren haben kaum Interesse ihr Kapital „unter die Leute“ zu bringen, vor allem nicht 25% bis 50% des Kapitals einer Investition. Das würde nur funktionieren, wenn es alle machen, und auch dann wäre es langfristig für den, der die Party bezahlt, eher uninteressant, denke ich.

    Die finanzielle Beteiligung von Nutzern ist ein interessantes Thema! Nur ein Konzept, für eine „Win-Win-Win-Situation“ für die Nutzer, die Betreiber und die Investoren schafft, sehe ich derzeit noch nicht am Horizont auftauchen. Das trifft meiner Meinung nach auch auf dein Konzept zu!

  2. Ralf, ich glaube, dass, so oder so, honorarfreie UGC Geschäftsmodelle über kurz oder lang auslaufen werden. Die Leute sind ja nicht doof. Die Frage ist, was kommt sinnvollerweise danach. Ich bin vollkommen bei dir, es MUSS eine „Win-Win-Win-Situation für die Nutzer, die Betreiber und die Investoren“ geschaffen werden!

  3. Cem, ich denke, dass es Geschäftsmodelle in Zukunft schwer haben werden, die einzig und allein darauf aufbauen, mit honorarfreiem UGC fette Kohle zu machen. Dies trifft leider auf viele der derzeit gehypten Web 2.0 Plattformen zu, deren gebotener Mehrwert oft marginal ist. Aber das Thema UGC allgemein ist meiner Meinung nach noch lange nicht am Ende.

    Warum? Weil viele Menschen sich einfach freuen, wenn ihr Foto oder ihr Bericht auf einer Plattform erscheint, die auch andere mit ähnlichen Interessen nutzen. Der Betreiber muss sich so verstehen, dass er den Nutzern eine Plattform bereit stellt, auf der sich diese austauschen können.

    Ich würde sogar so weit gehen, dass es in Zukunft Plattformen geben wird, für die der Nutzer sogar zu zahlen bereit ist, um dort honorarfreien UGC einstellen oder sich mit anderen austauschen zu können (Beispiel Flickr). Nur muss dem Nutzer dann auch etwas geboten werden für sein Geld. Das bieten IMHO viele Plattformen nicht, die sich darin erschöpfen, dass man ein Profil anlegen, „Freunde hinzufügen“ und alles Mögliche „bewerten“ kann.

    Aber nun bin ich vom eigentlichen Thema leider etwas abgeschweift… ;-)

  4. Interessante Serie.

    Ich meine, dass ein User prinzipiell immer etwas davon haben muss, sich mit Content an einer Sache zu beteiligen. Für mich ist es so, dass mir Flickr alleine mit dem Netzwerk aus vielen interessanten Gleichgesinnten, den schönen Fotos und lehrreichem Gedankenaustausch einen Mehrwert bietet. Der Gegenwert muss also nicht unbedingt monetär sein. Flickr hat es geschafft, dass es auch ohne eine Beteiligung an dem Gewinn für die User interessant ist.

    Es gibt aber auch Beispiele, wo das nicht so ist. Um eines davon herauszugreifen: über Flickr sind ein oder zwei Leute auf meine Fotografien aufmerksam geworden, und fragen nun an, ob sie diese Fotos verwenden dürfen – z.B. in einer Fotozeitschrift. Dies habe ich abgelehnt, und zwar, weil ich an dem Ruhm und der Ehre nicht interessiert bin, sondern nur zum Spaß fotografiere; weil ich es nicht einsehe, dass eine Zeitschrift sich mit Bildern füllt, deren Urheber dafür nicht bezahlt werden; weil ich es nicht richtig finde, Fotografen, die damit ihren Lebensunterhalt verdienen, auf diese Weise das Geschäft kaputt zu machen.

    Im Übrigen scheint mit Nicos Shoppero ein Web 2.0 Unternehmen zu entstehen, das seine User tatsächlich am Gewinn beteiligt. Wie das genau geschehen soll lässt sich den AGBs zwar nicht entnehmen, aber der Ansatz erscheint mir prinzipiell in genau die Richtung zu gehen, die du hier skizziert hast. Mit einem Haken allerdings: Das Geschäft ist mal wieder werbefinanziert. Hatten wir das nicht schon mal vor ein paar Jahren? Kann man sich denn nichts besseres einfallen lassen? (Trotzdem natürlich Nico alles Gute…)

  5. Hallo Cem,

    schöne Serie und interessante Theorien. Eine Frage dazu: Inwieweit differieren diese vom Geschäftsmodell von Cambrian House? Dort ist jedes registrierte Mitglied quasi „Mitbesitzer“…

    Everyone who joins earns a share. Also, the more you participate the more shares you’ll earn.

  6. Bei rezensionen.literaturwelt.de haben wir ein solches System seit Jharen in betrieb. da dummerweise die Einnahmen massiv gesunken sind (Danke, Blase :) – dei Amazoneinnahmen schrumpften [nachdem sie sich 3 Quartale hinteraeinander verdoppelt hatten!] von 400 DM im Quartal auf aktuell 20-40 EUR/Quartal), ist es sozusagen ‚on hold‘.

    Das System gewichtet Beiträge nach verschieden gewichteten Faktoren, die wünschenswert sind (viele Rezensionen, aktuelle Rezensionen, x mal mehr Rezensionen als andere etc.)

    Die Punkten, die quartalsweise kalkuliert werden, werden/wurden nach festen Kurs in Geld umgetauscht (50 EUR weise) – der ‚Reichste‘ darf zuerst, „verliert“ seine eingetauschten Punkte – bis der Pott leer ist. Im nächsten Monat sind dann meist andere dran. (Ich glaube der Rekord war, dass jemand 3 Quartale hintereinander an Platz 1 war – aber ja nie alles allein kriegte.)

    So konnte man recht gut das erwünschte ‚Lieferverhalten‘ steuern (also: einige neue Rezis gaen so viel wie viele aus dem Archiv) – funktioniert aber wie gesagt nur so lange, wie es was zu verteilen gibt ;))

  7. Ich vergaß: An sich moechte ich Literaturwelt.de insgesamt ‚zweinullisisieren‘ und ein solches beteiligungs-System ‚drüberlegen‘. wen das interssiert: Bitte melden ;)

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