Wirksamkeit von Creative Commons-Lizenzen in Deutschland

Anlässlich eines Artikel von Dr. Carsten Ulbricht zum Thema Contentdiebstahl & Recht – Vorgehen gegen die Übernahme von Texten im Internet hatte ich ihn in den Kommentaren gefragt:

Wie ist die Anerkennung von Creative Commons Lizenzen in der deutschen Rechtsprechung? Genügt es tatsächlich auf der Titelseite (oder an anderer Stelle) darauf per CC-Button auf die Lizenz hinzuweisen? Hat es (rechtskräftige) Urteile in Deutschland zu dieser Thematik gegeben?

Seine Antwort:

Meines Wissens sind in Deutschland noch keine Rechtsstreitigkeiten veröffentlicht worden, die die Wirksamkeit von Creative Commons-Lizenzen oder einzelnen Klauseln behandeln.

Dafür gibt es aber entsprechende Entscheidungen aus Spanien und den Niederlanden, die im Grundsatz die Wirksamkeit der jeweils eingesetzten Creative Commons-Lizenz bestätigen. Aus meiner Sicht gibt es keinen durchgreifenden Grund, warum nicht auch ein deutsches Gericht die CC-Lizenzen anerkennen sollte. Eine entsprechende Entscheidung wird früher oder später auch kommen…

Da ein Dritter mit urheberrechtlich geschützte Inhalte grundsätzlich nicht ohne Zustimmung des Urhebers veröffentlichen darf, wird man bei einer entsprechenden Willensbekundung des Bloginhabers, dass für ihn eine bestimmte Creative Commons Lizenz gilt, wohl dahin auslegen müssen, dass er unter der jeweiligen Bedingung eine entsprechende Nutzungslizenz einräumt.

Heißt: statt restriktiv jede Nutung zu verbieten, bringt der jeweilige Urheber mit der Kennzeichnung einer bestimmten CC-Lizenz (z.B. CC-by) zum Ausdruck, dass er der Veröffentlichung ausnahmsweise zustimmt, wenn er eben als Urheber genannt wird.

Auch wenn in diesem Bereich natürlich noch vieles ungeklärt ist, meine ich zusammenfassend also schon, dass die CC-Lizenzen unter den entsprechenden Voraussetzungen auch bei uns gelten…

Ich wäre schon sehr gespannt, wie deutsche Gerichte internationale oder deutschsprachige CC-Lizenzen in ihre Interpretationen und Urteile einfliessen lassen werden. Ich fürchte leider, wir sind vor Überraschungen und ein Mass an Weltfremdheit nicht gefeit.

12 Kommentare zu „Wirksamkeit von Creative Commons-Lizenzen in Deutschland

  1. Hallo Cem,

    ich habe nachträglich noch eine kleine Ergänzung eingefügt, nämlich, dass hinishtlich der Anwendbarkeit der CC-Lizenzen man auch ganz gut mit den Entscheidungen hinsichtlich der General Public Licenses (GPL) argumentieren kann, nach deutsche Gerichte diese bereits grundsätzlich für anwendbar erklärt und diese als AGB eingestuft haben (vgl. LG München I, MMR 2004, 693, LG Berlin, CR 2006, 735; LG München I Urt. v. 24.7.2007 – 7 O 5245/07)

    Je nachdem, wie man den Herren Richtern die Lizenzen vermittelt, kann ein gewisses Maß an weltfremdheit aber natürlich nicht ganz ausgeschlossen werden. Wobei ich mit manchen Richtern – auch im urheberrechtlichen Bereich -durchaus auch schon gute Erfahrungen gemacht habe…

  2. Hallo Carsten, der Don meinte kürzlich hier oder hier (ich finde den Eintrag leider nicht mehr), dass er weder CC noch GPL für rechtlich stichhaltig hält und dass er deswegen unter dem klassischen „Copyright“ (also „all rights reserved“ ) publiziert. Nur als wertfreie Anmerkung. Ich verwende wie bekannt CC-by und halte es für meine Belange zunächst ausreichend.

  3. Womit „der Don“ sich einmal mehr als juristischer Laie geoutet hat: In Deutschland gibt es weder ein klassisches Copyright, noch ein modernes. Copyright ist eine angelsächsische Angelegenheit; hierzulande gilt das Urheberrecht, das eine gänzlich andere Ausrichtung hat.

  4. Das lässt mich wieder an das Verfahren von Adam Curry gegen eine niederländische Zeitung denken (http://en.wikipedia.org/wiki/Adam_Curry#Newspaper_lawsuit). Auch ohne CC-Lizenz hätte die Zeitung die Bilder nicht drucken dürfen, sie haben aber schlichtweg ignoriert dass die CC-Lizenz differenziert darstellt, was man mit den Daten machen darf, und wie. Mir scheint das so, als wäre für den Laien (Was auch Profis einschließt, die sich aber mit dem Thema noch nicht auseinandergesetzt haben) das CC-Logo schnell missverstanden als „aha, das ist also lizenzfrei und kostenlos für mich! Super!“.
    Will sagen: Mit ein bisschen Pech wird eine CC-Lizenz nicht so differenziert wahrgenommen wie sie gestaltet ist, und führt zu Missverständnissen. Das setzt voraus, dass sich jemand noch nicht einmal die Zeit nimmt, die human-readable Kurzversion der Lizenz anzusehen – aber auch solche Leute soll es ja geben, besonders wenn unter Zeitdruck Content produziert werden soll…

  5. @Cem

    auch wenn ich aus den genannten Gründen der Auffassung bin, dass sowohl CC als auch GPL rechtlich wirksam sein müssten und dass bzgl GPL ja sogar gerichtlich bestätigt worden ist, schadet eine Publikation unter CC in dem Sinne ja nicht.

    Wenn Sie in Deutschland nämlich nicht gelten, so kann man ja eigentlich nur auf das zurückfallen, was ohnehin in Deutschland gilt. Und das ist nun einmal das restriktive Urheberrecht, nachdem man ohne Zustimmung des Urhebers (mit Ausnahme des Zitatrechts) Inhalte ohnehin nicht veröffentlichen darf.

    Wenn also ein Gericht CC-Lizenzen für „rechtlich nicht stichhaltig“ hielte, gilt wohl ohnehin wieder „all rights reserved“. Auf die Geltung der CC-Lizenzen würdest ja auch nicht Du als Urheber Dich berufen müssen sondern ,derjenige der die jeweiligen Inhalte unter der entsprechenden Lizenz verwandt hat.

  6. Ich bin meines Zeichens absoluter Rechtslaie. Von meinem Rechtsverständnis und meinen bereits gemachten Erfahrungen, sehe ich das Ganze so:

    In erster Linie wird eine Lücke / Rechtsunwirksamkeit der Creative Commons Lizenzen für den Lizenznehmer eine Abmahnung zur Folge haben wegen Verstoß gegen das Urheberrechtsgesetz.
    Da der Urheber mit diesem „Verstoß“ ja aber in der Regel absolut kein Problem hat, dürfte auch eine entsprechende Abmahnung von Dritten nichtig sein, bzw. der Rechteinhaber wird (zumindest wenn er CC wirklich vertritt) keine Vollmacht geben.
    Ich für meinen Teil versichere mich gerne nochmals persönlich beim Rechtegeber, ob eine Nutzung auf meiner Musik- und Filmseite in Ordnung geht.
    Bis jetzt hat mir noch niemand eine Veröffentlichung verwehrt :-).

  7. CC-Lizenzen sind mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wirksam. Als problematisch würd ich die Nachweisbarkeit bzw. Lesbarkeit des Lizenz-Textes einstufen. Sicherheitshalber sollte man den Lizenztext direkt in sein Blog aufnehmen (statische Seite genügt) und nicht nur einen Link setzen. Somit kann man von jedem Ort im Blog einen Zugriff auf die Lizenz tätigen, die nicht auf einem dritten Server gehostet ist und von Dritten geändert werden kann (1-Klick-Regel gewahrt ;o)

    Wir leben schließlich in einem Land mit Privatautonomie. Man kann vereinbaren, was gefällt. Und gerade im Urheberrecht als Sonderprivatrecht ist das extrem ausgestaltet. Wer schonmal Verlagsverträge gelesen hat, wird dies sicher bestätigen können.

    Literatur:

    GRURInt 2008, 20 Mantz: Creative Commons-Lizenzen im Spiegel internationaler Gerichtsverfahren

    MMR 2005, 26 Arning: Die Zukunft der Privatkopie: Technische Schutzmaßnahmen vs. CreativeCommons

    MMR 2003, 431 Jaeger/Metzger: Open Content-Lizenzen nach deutschem Recht

  8. @Cem

    die Ausführungen von Don widersprechen ja nicht grundsätzlich der Wirksamkeit der CC-Lizenzen.

    Er bemängelt lediglich, dass die Verwendung con CC-Lizenzen häufig dazu führt, dass Leute meinen, man dürfte mit den Inhalten alles machen, was man möchte. So ist es natürlich nicht…

    Es gilt die jeweils definierte CC-Lizenz und wer dagegen verstösst, der „überschreitet“ damit das eingeräumte Nutzungsrecht.

    Dagegen kann man rechtlich vorgehen und sollte es bei gewerblichen oder uneinsichtigen Textübernehmenrn vielleicht auch um (wie ich unter anderem den Kommentaren bei Don entnehme) die Etablierung der CC-Lizenzen vornazutreiben. Vielleicht wird tatsächlich nur so bekannt, dass CC-Lizenzen eben nicht die völlige Freigabe der Nutzungsrechte bedeuten.

    Viele Grüsse

    CU

  9. wir müssen geduldig sein. die ersten gpl-streitigkeiten in deutschland kamen doch erst vor wenigen jahren (monaten?). und das bei einer lizenz, die schon ein paar jährchen auf dem buckel hat und langsam in dritter version angenommen wird.

    die kommen schon noch, die ersten rechtsstreite. man könnte wetten.

    .~.

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