Joerg Meyer, Bartender und Inhaber des Le Lion – Bar de Paris in Hamburg
Was macht eigentlich eine gute Bar aus?
Eine gute Bar muss schwer zu finden sein. Warum? Weil sonst zu viele „unerfahrene“ Gäste dort wären. Sie würden Prosecco bestellen, oder Wodka Red Bull.
Ist die grundsätzliche in Verbrechen? Nein. Eine Bar erfüllt die Grundfunktion eines gastronomischen Betriebs: Sie verkauft dem Gast alkoholische Getränke. Aber eine echte Bar, eine gute obendrein, macht mehr als das. Eine gute Bar braucht erfahrene Gäste. Diese sind überlebensnotwendig. Die Bar ist die Königsklasse des Genusses von Alkohol. Sie steht am Ende einer sehr langen kulturellen Entwicklung.
Sie können eine Oper ganz ohne Vorwissen genießen und am Ende aus ganzem Herzen entscheiden, ob es Ihnen gefallen hat oder nicht. Dennoch – der Kulturbetriebe lebt von erfahrenen Besuchern. Von Künstlern, von Aufschneidern, Genießern und Genuss Süchtigen, von Schwätzern, Wichtigtuern, Wissenden und Liebhabern. Eben so wie eine gute Bar. Sie lebt von diesem Spektrum an Gästen und Bartendern – Sie braucht das außergewöhnliche und außergewöhnliche Gäste. Eine gute Bar ist alles andere als Normal.
Deswegen muss man eine gute Bar ein wenig verstecken. Man braucht Zeit, Geduld und das nötige Kleingeld um diesem außergewöhnlichen Platz die Möglichkeit zur Entfaltung zu bieten. Denn die Bar muss ihre Gäste finden, und diese die Bar.
Die meisten guten Bars die ich kenne sind klein. In Ihr arbeiten wenige, erfahrenen Bartender. Diese Bars sind niemals preiswert eher hochpreisig. Kleine Aufmerksamkeiten, perfekt Drinks mit besten Zutaten und ein großartiger Service geben dem Gast, mag die Rechnung noch so hoch sein, immer das Gefühl, eines angemessenen Preises.
Die Bartender sind Profis und verstehen Ihr Fach. Mehr noch, Sie sind perfekte Dienstleister und lassen den Gast glänzen, nicht sich selber, ohne dabei blass auszusehen. Wenn der Bartender noch nicht ganz so erfahren ist, spricht er der Bar mit dem Gast. Wenn er Erfahren ist, bringt er den Gast mit anderen Gesprächssuchenden Gästen ganz beiläufig zusammen.
„Beiläufigkeit“ ist eine schöne Beschreibung für die perfekt Bar. Die Drinks sollten beiläufig perfekt sein, eher zufällig stehen alle Flaschen im gleichen Winkel zum Gast, ganz Nebenbei produziert der Bartender dutzende von Drinks, blitzschnell und zum weinen perfekt. Ohne auch nur ein einziges mal sich oder sein Handwerk ins effektvolle Licht zu setzen.
Es gibt keine selbstverliebenden, schwatzenden „Künstler“ hinterm Tresen.
Es gibt keine unfreundlichen, neureichen Wichtigtuer vor dem Tresen.
In einer guter Bar treffen erfahrende Bartender auf erfahrene Gäste. Beide brauchen sich nichts mehr beweisen. Der Gast weiss, das sich die Gastronomen der Stadt eine solchen Gast im Morgengebet herbei wünschen.
Der Bartender weiss, das er ein erstklassiger Gastgeber ist und Nacht für Nacht Gästen eine guten Zeit bereitet. Erstklassige Gäste und erstklassige Gastgeber ergeben „beiläufig“ eine erstklassige, hoffentlich versteckte, kleine Bar.
Damit schliesst sich der Kreis. Eine formidable Antwort, Herr Meyer. Cheers!
3 Kommentare zu „Was macht eigentlich eine gute Bar aus? (Teil IX)“