Der deutsche Finanzplatz wehrt sich gegen den Strudel der Insolvenzen und Havarien der Investmentunternehmen und Banken in den USA und in Grossbritannien.
Überraschend (oder auch nicht) hat die BaFin, die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, an den deutschen Märkten vorsorglich den Handel mit hochspekulativen Leerverkäufen („short selling“) für elf deutsche Finanzaktien ab sofort untersagt. Es handelt sich dabei um folgende Werte: Aareal Bank AG, Allianz SE, AMB Generali Holding AG, Commerzbank AG, Deutsche Bank AG, Deutsche Börse AG, Deutsche Postbank AG, Hannover Rückversicherung AG, Hypo Real Estate Holding AG, MLP AG sowie die Münchner Rückversicherungs-Gesellschaft AG. Die Anordnung gilt bis Ende des Jahres.
Damit folgt die BaFin der britischen FSA und der amerikanischen SEC und versucht zu verhindern, dass die massive Finanzkrise und Spekulationswelle in den USA und Grossbritannien nach Deutschland übergreift. „In der derzeitigen Marktsituation kann Shortselling Finanzunternehmen in den Untergang treiben“, sagte BaFin-Präsident Jochen Sanio laut der Presseerklärung vom 19.09.2008. Das zeigt auch, dass die BaFin die deutschen Finanztitel als gefährdet einschätzt. Vor wenigen Tagen hatte die BaFin ferner ein Moratorium über die Lehman Brothers Bankhaus AG angeordnet, der deutschen Tochter des insolventen Auslösers der Finanzkrise in den USA (eindrucksvolle Grafik).
Die katastrophalen Ausmasse der weltweiten komplexen Eigendynamik der Finanzmärkte werden mittlerweile verglichen mit den Ausmassen in den Zwanziger Jahre, die damals zum Zusammenbruch der Weltwirtschaft geführt hatten. Auch wenn die Kurse in den USA wieder zurückgekommen zu sein scheinen, bleibt die Bedrohnung bestehen. Massive Spekulation mit gepumpten Geld oder Leerverkäufen ist eine Seifenblase mit dünner Haut, die bei einem ungünstigen Windhauch leicht platzen kann.
Ist es der Anfang vom Ende? Oder das Ende des Anfangs? Es scheint eine kurze Erholungspause zu geben. Doch das kann trügen. Weitere grosse internationale Investmenthäuser und Banken werden als existenziell bedroht angesehen. Besonders gravierend für die amerikanische Volkswirtschaft ist die Tatsache, dass dort die meisten Arbeitnehmer ihre Altersversorgung fast ausschliesslich in privaten (und spekulativen) Pensionskassen angelegt haben. Die Pleite von Lehman hatte ihren Kunden die Rente komplett und ersatzlos vernichtet.
Ob und wie die Rettungsaktionen durch kurzfristige Neuregulierungen der Finanzmärkte greifen, wird sich noch zeigen müssen. Die Gier der Märkte ist unberechenbar. Wohl dem, der im Schrebergarten noch sein Gemüse für sich hochzieht und ein paar Hühner sein eigen nennt. Die harten Zeiten kommen nicht – sie sind schon da.
Update: Keine schlechte zusammengefasste Erklärung für die aktuelle Finanzkrise. Zumindestens für einige der wichtigsten kurz- und mittelfristigen Aspekte als Ursache.