Wikipediagründer Jimmy Wales hat sich beim elektrischen Reporter zu Crowdsourcing und Web 2.0 geäussert. Ich finde seine Gedanken im Kontext von UGC , UGCV und AAL („Andere Arbeiten Lassen“) recht bemerkenswert.
Hier ein Ausschnitt aus dem frischen Interview als Transskript von Siggi Becker:
Eines der Themen gegen die ich in letzter Zeit auf die Barrikaden gehe ist dieser Begriff der im letzten Jahr etwas populärer geworden ist: Crowdsourcing der wie ich meine sehr, sehr schlecht ist. Ich mag ihn wirklich nicht. Ich denke das jeder der in diesen Raum gehen will und denkt sein Geschäftsmodell wäre Crowdsourcing, das wesentliche missversteht.
Es ist eigentlich eine Missachtung ihrer Communities. Sie denken eigentlich ihre Communities wären billige Arbeitskräfte. Aber Freiwillige sind keine Angestellten! Das ist eine vollkommen andere Motivation und man muss sie eigentlich wie seine Kunden sehen.
Ich habe schon in den Anfangstagen von WikiPedia über Kundenservice geredet, was heissen soll, die Leute kommen und wollen etwas für WikiPedia schreiben. Das ist ein Kunde für uns. Als Community und Organisation müssen wir so jemanden sehr gut behandeln.
Ich habe mir sagen lassen das das eine sehr amerikanische Sicht auf die Welt sei. Jemanden wie einen Kunden behandeln heisst freundlich zu ihm sein. Ich weiss nicht ob das so amerikanisch ist, aber ich denke das die Idea des Crowdsourcing wirklich Gift ist.
Nehmen wir nur mal an wir wollen eine Bowlinghalle eröffnen und Du stellst Dir vor das ginge indem man billig von den Leuten durch Crowdsourcing “Bowling” produzieren lässt. Das macht keinen Sinn, nicht? Das ist der vollkommen falsche Ansatz um eine erfolgreiche Bowlinghalle zu bekommen.
Du musst über die Leute die bei Dir bowlen wollen als Deine Kunden denken und darüber nachdenken was Du ihnen bereitstellen musst damit sie Spass haben, wie Bier und Hotdogs. Man sagt nicht: Wir werden kein Bier haben weil immer wenn Bier im Spiel ist, geht die Qualität des Bowlens runter.
So macht man keine Geschäfte. Man stellt einen Ort zur Verfügung damit die Leute das tun was ihnen Freude macht. Das Crowdsourcingmodell sagt aber: Geb ihnen das nicht. Sie mögen es vielleicht aber es mindert den Wert. Nein. Was eine Menge Leute da nicht verstehen sind die wirklichen Ideen von Gemeinschaft. Leute kommen zu Deiner Website um so was zu erleben. Vielleicht arbeiten sie auch für Dich. Sie sind glücklich wenn ein Nebenprodukt ist, das es anderen hilft.
Im allgemeinen gehen sie online um solche Situationen zu erleben, um Freundschaft zu schliessen und manchmal – obwohl sie das vielleicht nicht so ausdrücken würden – um Feinde zu finden. Ich meine damit jemanden zu finden dem man widersprechen kann und hoffentlich einen unterhaltsamen und respektvollen Streit haben kann.
Viele Web 2.0 Websites lassen all diese Dinge, die die Leute interessieren vermissen. Ich verstehe das ganz gut.
Zum Beispiel bin ich ein großer Fan von Flickr. Die Leute da wollen Dich nicht verletzen. Sie machen einen guten Job nicht indem sie darüber nachdenken wie sie die Seiten besser für Anzeigen machen, sondern wie sie die Seiten besser machen damit die Leute Photos hochladen und teilen. Sie denken also über sie wie ihre Kunden nach. Ich denke also man braucht da langfristiges, kein kurzfristiges Denken.
Das ist eine kleine Lehrstunde in Sachen Communitydesign.