In Zeiten turbulenter globaler Finanzmärkte, wo einst hochbegehrte Wertpapiere und ganze Marktindizes in Sekunden ihren Wert und ihre Daseinsberechtigung verlieren, wo machtstrotzende Paläste von Banken, Investmenthäusern und Versicherungskonzernen zu Sandburgen zerbröseln, fragen sich viele, was eigentlich der Wert oder der Preis von etwas noch ist. Das erinnert mich an eine Geschichte aus meiner Grundschulzeit, zweite Klasse am Turmweg in Hamburg.
Eddy, mein damals bester Freund, und ich sind sechs und sieben Jahre alt. Eddy, jüngster Sohn eines jüdischen Tuchhändlers aus dem Iran, wohnte damals mit seiner Familie in einer sehr grossen und sehr schönen Wohnung in einem der feinen Stadtteile von Hamburg, Wenn ich mich recht erinnere, 11 Zimmer. Alle mit wunderschönen sehr feinen orientalischen Teppichen ausgelegt. Ich hatte damals schon ein Auge dafür.
Eines Tages fragte ich ihn in meinem Übermut, was denn ein bestimmter Teppich, der bei ihnen im Wohnzimmer auslag, denn so kosten würde. Ich wollte einfach unhöflich und direkt den Preis wissen. Er schaute mich wissend an und sagte: „Was er dir Wert ist“. Seit fast 50 Jahren klingt diese Antwort mir immer noch in den Ohren. Natürlich hatte er recht.
Nichts Materielles hat einen Wert oder einen Preis für sich. Der Preis ergibt sich einfach aus dem Deal, den Käufer und Verkäufer schliessen. Er ist immer „gerecht“ für beide. Sonst würde mindestens einer der Parteien den Abschluss nicht machen. So wie Fussballergebnisse auch immer gerecht sind, wie weiland Otto Rehhagel schon sagte. Schön spielen nutzt nichts. Tore zählen.
So gesehen sind die Entwicklungen an den Finanzmärkten „immer gerecht“. Sie spiegeln immer die Realität wieder. Gnadenlos.