Forschungsprojekt: Wie politisch sind Migranten im Internet?

Esra Küçük hat mich gestern zwei Stunden für das Forschungsprojekt „Politisches Potential des Internet – Die virtuelle Diaspora der Migranten aus Russland und der Türkei in Deutschland“ befragt. Sie untersucht in einer Studie an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster die politischen Aktivitäten, die Migranten in Deutschland im Internet entfalten:

Zentral ist dabei die Frage, inwiefern das Internet die bereits bekannten politischen Aktivitäten von Migranten aus der Diaspora heraus verändert. Erleichtert das Internet lediglich den Kommunikations- und Informationsfluss zwischen den Mitgliedern der Diaspora oder bekommen die Aktivitäten eine ganz neue Qualität, weil neue Einflusswege erfolgreich genutzt werden? Welche Einwirkungen auf das politische Geschehen im Herkunftsland und im Aufenthaltsland sind feststellbar, wie vollziehen sie sich und welche Folgen haben sie? 

Eine Frage, die mich auch sehr interessiert. Deshalb war ich auch ganz dankbar für dieses Gespräch mit Esra. Meine persönliche Motivation zu diesem Thema, kommt natürlich durch meine eigene Migrationsgeschichte. Sie meinte nebenbei, ich sei der bekannteste deutsche Blogger mit „türkischem Migrationshintergrund“. Da stecke ich nun wieder in einer „Schublade“! Auf das Forschungsergebnis bin ich neugierig.

Ich werde dieses Thema in einem der nächsten Blogposts etwas für mich noch einmal sortieren. Schlagworte sind für mich dabei „Sprache“, „Kultur“ und „Politik“. In dieser Reihenfolge. So wie sie bei mir auch entstanden sind. In einem weiteren Post würde ich gerne auch über die Chancen (und Risiken) von Migranten und Politk im Internet öffentlich nachdenken. Gewissermassen ein Recap der Gedanken aus dem Interview. Vielleicht auch weitergedacht. Stay tuned.

Nachtrag: Welcher Blogger, Twitterer, Webworker etc hat einen Migrationshintergrund? Würde mich interessieren. Vielleicht können wir einen Dialog führen. Ich habe keine Ahnung, wohin das uns hinführen wird. Zu einem MigCamp? Zu einer Internet-Plattform? Das Herkunftsland ist mir dabei egal. Bitte einfach mal hier in den Kommentaren melden…

17 Kommentare zu „Forschungsprojekt: Wie politisch sind Migranten im Internet?

  1. Ab wann hat man denn einen Migrationshintergrund? Bzw ab wann ist man „Migrant“?

    Ich lebe jetzt ununterbrochen seit 8 Jahren im Ausland, die vorherigen Zeitraeume eingerechnet muessten es jetzt insgesamt so 11-12 Jahre sein, mehr als 1/4 meines Lebens.

    Nach meinem Pass bin ich Deutscher. Im Schnitt habe ich in den Jahren die ich nicht in Deutschland lebe/gelebt habe glaube ich weniger als eine Woche pro Jahr in Deutschland verbracht. Wie lange mein Pass noch aus Deutschland kommen wird weiss nicht. Je laenger ich aus Deutschland weg bin, desto unwahrscheinlicher wird es dass ich noch mal wieder nach Deutschland ziehen werde.

    Langsam aber sicher wird Deutschland zu einem „fremden Land“ fuer mich. Es interessiert mich weniger und weniger und ich weiss weniger und weniger ueber es.

    Im Bereich der Politik ergibt sich daraus eine interessante Situation:

    Ich koennte bei der Bundestagswahl waehlen, will es aber nicht. Die Politiker kenne ich praktisch nicht, ihre Entscheidungen betreffen mich praktisch kaum bis nicht. Da halte ich es nicht fuer richtig dort zu waehlen.

    Andererseits darf ich hier in England bestenfalls bei den Kommunalwahlen und Europawahlen waehlen. Ich darf Steuern zahlen, ich muss unter den Entscheidungen der Politiker leiden (oder darf mich in seltenen Faellen auch mal freuen), aber zumindest aktiv darueber entscheiden wer mich regiert und mein taegliches Leben (als auch meine Zukunft) beeinflusst darf ich nur extrem eingeschraenkt.

    In London gibt’s eine Deutsche Community (soweit ich weiss), aber ich habe kein Interesse etwas mit denen zu unternehmen. Zwei Deutsche Blogger aus Blogger aus London kenne ich, mit einem habe ich mich sogar mal getroffen. Bei meinem vorherigen und jetztigen Arbeitgeber gab es so einige Deutsche, gross Kontakt (von rein beruflichem Kontakt mal abgesehen) habe ich nie gehabt und werde es glaube ich auch in Zukunft kaum.

    Ich sehe mich auch nicht unbedingt als Deutscher, sondern einfach als Mensch. Was in dem Pass meiner Freunde und Bekannten steht interessiert mich nicht gross.

    Soweit ein paar halbwegs sortierte Gedanken zu dem Thema.

  2. @Armin, nach der Definition von Wikipedia bist du ein „Migrant“: Ein deutscher Emmigrant in UK…

    Als Migranten werden – im weitesten Sinne – jene Menschen bezeichnet, die für einen Wohnsitzwechsel eine größere Entfernung zurückgelegt haben. Mittlerweile wird der Begriff jedoch fast ausschließlich für Einwanderer aus dem Ausland verwendet. Die Umschreibung „Menschen mit Migrationshintergrund“ fasst Migranten und ihre Nachkommen unabhängig von der tatsächlichen Staatsbürgerschaft zusammen. Im Gegensatz zu „Flüchtlingen“ können Migranten frei entscheiden, in welches Land sie auswandern möchten.

    All I can say is „Welcome to the club, Armin!“ :-)

    @perun, auf dich ist Verlass :-)

  3. Hier.
    (Und ich beneide die Schweizer solchen, weil ich dort eine „Seconda“ wäre und nicht „XXXYYY mit Migrationshintergrund“.)
    Biete spanischen Gastarbeitervater und eine polnische Zwangsarbeiterinnentochter als Mutter.

  4. Hallo,
    Ich glaube ich bin gut für das Projkt geignet :)
    Ich bin Russin, lebe allerdings in Österreich (passt es auch?).
    Ich habe einige Blogs, die meisten auf Englisch, einen auf Russisch und einen auf Deutsch… Also genung Stoff zum Forschen!

  5. Ich sammle gerade Materialien, um mich zu überzeugen, ob es möglich ist über einen Blogring zu bilden aus Diaspora Webseiten und Blogs. Ein Adserver könnte Sponsoren-Banner schalten. Die Gelder sollen für ein Sozialforum der Diasporas verwendet werden – was ein Versuch wäre, sich an das Weltsozialforum anzulehnen. Ich bin bei den Vorstudien. Ein ordentlicher Finanzplan braucht etwa 4 Monate Arbeitszeit. Eine Kampagne braucht einen Vorlauf von einem Jahr. Es gibt kaum Arbeiten zu Blogs in den unterschiedlichen Diaspora Gruppen. Wenn es welche gibt, dann zu den großen Diaspora Bevölkerungen – also türkischsprachigen und russischsprachigen Diasporas.
    In Studien wird ausgesagt, dass Blogger politisch besser informiert sind als die Durchschnittsbevölkerung und Meinungsführer sind: allerdings gelten die Aussagen für vor allem für Stichproben aus der us-amerikanischen Bevölkerung. Wie es bei Einwanderern ausschaut ist unklar. Wie wäre denn die Stimmungslage unter den Diaspora Bloggern ? Wir könnten eine kleine Umfrage machen.

  6. @plutokid, Esra Küçük von der oben genannten Forschungsgruppe hat entsprechende Umfragen gemacht. Man kann sich an sie wenden, denke ich mal…

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