CeBIT: Inflation der Freikarten

In den letzten Wochen sind mir von unterschiedlichsten Stellen grosse Mengen an Freikarten für die CeBIT angeboten worden. Teilweise bis zu hunderten. Ich habe gehört, dass jeder Aussteller ein sehr grosses Kontingent zur Verfügung haben soll. Die Messe scheint ein ganz grosses Problem zu haben, Karten überhaupt abzusetzen. Offensichtlich hat das Interesse an ihr und die Nachfrage deutlich nachgelassen. Das stimmt nachdenklich.

In einer Welt, wo Waren und Dienstleistungen insbesondere auch in der digitalen Wirtschaft online angeboten und verkauft werden, scheint es weniger Bedarf zu geben, sich auf einem realen zentralen Markt wie der CeBIT vor Ort zu informieren. Der grösste Teil des Angebots dort erscheínt mir auch austauschbar zu sein.

Viele grosse Unternehmen haben sich mittlerweile auch vom Messerummel zurückgezogen. Manche schon seit Jahren. Nennenswerte Geschäftsabschlüsse werden schon lange nicht mehr dort gemacht. Der Markt der Eitelkeiten ist vielen Unternehmen zu ineffizient und zu teuer. Die Produkte sind auch nicht mehr haptil, ein Bild oder eine Beschreibung genügen häufig. Man muss (und kann) die Produkte und Services nicht mehr anfassen, um sie beurteilen zu können. Konsumenten und Geschäftsleute haben sich schon längst online informiert und miteinander kommuniziert. B2B und B2C. Oder beim Media Markt in der Heimatstadt. Menschen können sich überall zu jedem Thema treffen, sich informieren und möglicherweise ein Geschäft mieinander abschliessen. Zu jedem Zeitpunkt.

Die Messe und der Markt sind im Web. Weltweit und allen zugänglich. 24/7. Die CeBIT hat sich längst überholt. Unwiederbringlich. Eine Ära geht zu Ende.

16 Kommentare zu „CeBIT: Inflation der Freikarten

  1. Same rant as last year? ;-)

    Wer will denn noch da hin? Wenn ich etwas bestimmtes sehen will , das mich sooo interessiert, dann sprche ich die Firmen direkt zwecks vorsingen (auch per Web-Konferenz) an. Aber meine Füsse plattlaufen muss ich nicht mehr, gute Gespräche vor Ort kommen ja eh kaum zustande.

    Zum Ender der letzten CeBIT wird es heissen „… substituted by the Web“

  2. Ich komme ja noch aus der Zeit als Cebit und Industriemesse zusammen waren. Der Untergang begann mit der Teilung. Man reist nicht mal eben zweimal nach Hannover, schon gar nicht als Mittelständer oder Angestellter. Das bedeutete Trennung. Ich durfte mich auf beiden rumtreiben, weil Fertigungsmann. Die Umsätze waren aber schon damals auf zwei Messen nicht wirklich bedeutend besser als vorher auf einer.

    Die ehemalige Halle 1 mit ihren Superständen aus der DV auf viele Hallen zu verteilen war einfach ein Fehler. Auch der Tausendste Kleinstand aus weiß Gott wo her, findet nur das Publikum das er vorher selber eingeladen hat.

    Ich fahre schon eine ganze Zeit lang nicht mehr hin. Die sieben Sachen die mich interessieren erfahre ich wirklich schneller an meinem Bildschirm und für ein fröhliches Stöbern ist das ganze viel zu unübersichtlich und zu groß.

    Ich glaube du hast recht, es geht zu Ende mit der Cebit, immer schneller und schneller.

  3. Ich war früher auch jedes Mal auf der CeBit, nur leider hat es sich Hannover mit viel zu hohen Messepreisen und nicht-aktualität, für mich uninteressant gemacht.

    wer heute im internet die richtigen News Seiten liest, brauch die lange anreise und den ganzen Trubel nicht mehr.

  4. So auf dem Rekordstand, dass ich ohne Probleme an 10 rangekommen bin, was in den Vorjahren nahe zu utopisch war.

    Auch bei vielen Bloggewinnspielen, wo die Preise einst heißbegehrte CeBIT Tickets waren, fanden sich meist nur maximal 20 Teilnehmer.
    Eine weitere Aktion, die einen Hinweis darauf gibt, dass die CeBIT ausstirbt, ist, dass nach einer vorherigen Registrierung alle Frauen am Samstag, 8.03. freien Eintritt auf der CeBIT haben. An einem Messewochenende müssen die Hallen ja schließlich voll sein…

  5. @Jochen, mein Vater hatte 1959 unser allererstes Fernsehgerät gekauft. Das hiess damals noch nicht TV. Eine schnieke Truhe in Holzfurnier mit Klapptüren. Das allerste Bild, was ich im Fernseher sah, nachdem er die Antenne montiert hatte, war ein Panoramabild von der Hannover Messe. ich war sechs Jahre alt. Ich bin seitdem oft mit ihm dort gewesen. Ich erinnere mich noch sehr genau an die Ecke mit den Ausstellern für Bürobedarf und Büromaschinen. Locher, Hefter, Stempel, Schreibmachinen. Das erscheint einem heute unwirklich.

    @Armin, exakt.

    @Julia, eine Menge Indikatoren für die Verzweifelung der Messeleute.

  6. Das mit den Freikarten ist mir auch aufgefallen. Deine Aussage, dass die Messe nun im Web stattfindet und keine Abschlüsse gemacht werden, muss ich aus eigener Erfahrung widersprechen. Ebenso, dass den Kunden nichts mehr gezeigt werden kann oder die Inhalte alle Austauschbar sind, sehe ich nicht überall so. Natürlich hat nicht jedes Unternehmen die Möglichkeiten, die Messe entsprechend für sich zu gestalten, doch ich wette mit dir, dass die Resonanz der Aussteller dieses Jahr überwiegend positiv sein wird.
    Ich bin mal gespannt wie interessant sie dieses Jahr für private Besucher sein wird. Die Messe scheint im Moment noch nicht ganz hinzunehmen, dass B2B-Messe weniger Besucher und weniger Aussteller bedeutet, aber deshalb nicht schlechter sein muss.

  7. Nachtrag: das letzte mal war ich auf der CeBIT im Zusammenhang mit dem Abschluß eines großen Hardwaredeals. Und das war´s auch schon.

  8. Cem, ich kann Deinen Eindruck nur bestätigen. Befreundete Aussteller von mir haben zum Beispiel ein Kontingent von 2.000 Karten! Oftmals zählt auch schon jeder der einen Mini-Stand auf einem Gemeinschaftsstand (z.B. in Halle 9) hat als Aussteller und bekommt dafür von der Messe 1.000 Karten zugeteilt. Mir sind in diesem Jahr auch erstmals von mehreren Seiten dutzende Freikarten angeboten worden und ich möchte zu gern von offizieller Seite einmal das Verhältnis zwischen zahlenden Besucher und Freikarteninhaber erfahren.

  9. Möchte noch jemand Freikarten? Haaaaallloooo?

    Im Ernst; Ich glaube auch, dass das – ich sag mal – zwischenzeitliche Konzept als DIE Technologiemesse überholt ist. Aber als B2B-ding funzt es noch ganz gut. Solange Mittelständler Helmut (60) vom Internet nur mal was gelesen hat und seinen jüngeren Mitarbeiter (40) dort hinschickt, weil der sogar den Videorekorder programmieren kann, um ein billigeres Abrechnungsprogramm zu kaufen, hat die CeBit ihre Berechtigung.

  10. „Solange Mittelständler Helmut (60) vom Internet nur mal was gelesen hat und seinen jüngeren Mitarbeiter (40) dort hinschickt, weil der sogar den Videorekorder programmieren kann, um ein billigeres Abrechnungsprogramm zu kaufen“
    Also ich denke mir, langsam sollte es diese Leute doch nicht mehr geben, oder? Bin wohl zu revolutionär in meinem Denken…

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