Vodafone. Old School.

Ich bin mal jetzt ganz Old School. Unternehmen investieren Geld, um mehr Kunden und mehr Marktanteile zu gewinnen, mehr Umsatz und Gewinn zu machen. Punkt. Das ist das, was am Ende zählt. Nichts anderes. Dabei sind PR, Marketing und Werbung Investionen ins Geschäft. Ganz simpel.

Unternehmen sind nicht dazu da, gut zu sein oder hübsch oder schlau oder nett oder sozial. Wenn sie es sind, ist es gut, solange sie den erstgenannten Unternehmenszielen dienen. Kein Unternehmen investiert in irgendetwas, von dem sie nicht mit guter Wahrscheinlichkeit annimmt, das es sich irgendwann rentiert. Basta. Alles andere ist softes Geschwubbel. Und ich erspare mir, auf die Unzahl an gebloggten und getwitterten Äusserungen dazu einzugehen. Unmütige oder wohlwollende.

So, und nun zur aktuellen Vodafone Kampagne und zu ihrer Kritik in den Neuen und Sozialen Medien.

Vodafone und ihre Berater haben angenommen, dass sie die Neue Welle nutzen wollen, um eben diesen grundsätzlichen Unternehmenszielen näher zu kommen. Dazu haben sie ganz Old School die bekanntesten und ihrer Meinung nach glaubwürdigsten Protagonisten der neuen Welle reingeholt, verpflichtet als sogenannte Testimonials. Wie in der Waschmittel-, Zahnpasta-, Spülmaschinen-, Haartönungs- und Lifestylewerbung. Clementine, die Frau des Zahnarzts, den Waschmaschinenservicetechniker, Iris Berben oder Boris Becker. Kann man machen. Nicht besonders innovativ und kreativ, aber OK. Ein uraltes Rezept. Und diese Leute haben mitgemacht. In Ordnung. Das ist deren Verantwortung, wie sie mit ihrem eigenen Image, ihrem Asset, umgehen. Telekomunikationsanbieter gehören zu derem täglichen Betätigungsumfeld. Und eine gewisse Expertise ist denen ja nun auch nicht abzusprechen.

Vodafone war bereit, für das gesamte Paket einschliesslich Mediaeinkauf anscheinend 200 Millionen Euro zu bezahlen. Wohlgemerkt: Nicht nur für den Agentureinkauf. (Update: „Die Etathöhe sorgt offenbar für Missverständnisse. Dabei handelt es sich um den geschätzten! globalen Media-Etat. Der Deutschlandetat wird im mittleren  bis oberen zweistelligen Millionenbereich liegen.“ [via Off the record]) Bei einem Umsatz in Deutschland von über 10 Milliarden Euro ist das auch angemessen. Das sind gerade mal 2% 0,5%. Zumal Vodafone auch noch zusätzlich eine weitere wichtige Botschaft hatte: Die markttechnische Einverleibung von Arcor unter ihrer Marke Vodafone und die Vermarktung von T-Produkten unter ihrem Label. Die Vodafone Leitfiguren in derem Management haben sich gedacht, wow, das müssen wir ausschlachten. Mehr geht nicht. Wir sind die Grössten. Die Allergrössten und wir zeigen es denen aus Bonn jetzt, wie das nun gespielt wird. Und Scholz und Freunde haben gedacht, wow, den Etat müssen wir kriegen. Klar. Ganz Old School. OK. Warum auch nicht. Alles andere wäre ja auch deppert.

Was ist dabei herausgekommen? Klar. Eine Old School Werbung und eine Old School Pressekonferenz. Kein Beinbruch. Alles andere hätte mich aber nun auch überrascht. Das Unternehmen Vodafone sieht das Ganze sowieso als Mittel zum Zweck und nicht mehr. warum sollte sie auch anders darüber denken? OK, die Waschmaschinenservicetechniker sind nicht begeistert. Ein grosser Teil der Communities in den Sozialen Medien schäumt. Ich bin auch nicht gerade begeistert. Wat’n Wunder (Plattdeutsch für „Was für ein Wunder“). Aber Leute, die Waschmaschinenservicetechniker sind doch nicht die Zielgruppe. Die ist doch verschwindend klein. Ein paar Tausend. Wenn überhaupt. Sie ist doch nur der Hebel und das Testimonial.

Die Millionen Hausfrauen und Hausmänner sind die Zielgruppe. Die ‚zig Millionen, die zwölfmal im Jahr darüber nachdenken, ob sie beim richtigen Provider sind. Denen sind die Feinheiten der Neuen und Sozialen Medien schnurzegal. Die wissen gar nicht mal wirklich, dass diese existieren. Was Vodafone allerdings verpasst hat, ist der virale (positive) Marketing-Effekt der Peer Group in diesen Medien. Das ist allerdings Scheisse. Momentan haben sie einen negativen Wind bei den Meinungsmachern. Das bereitet den Beratern Magenschmerzen. Sie haben Angst, dass das ihre Leistung ins negative Licht rückt. Auch klar. Das ist doof. Für die.

Ja, die Kampagne und der Spot ist Durchschnitt. Der Claim ist Gurke. Es hätte auch Zahnpasta oder Versicherung sein können. Aber was erwartet man bei einem Old School Kunden und einem Old School Macher Team. Eine Old School Kampagne. Das Einzige, was mich wirklich ärgert, obwohl ich ihn über alle Massen schätze und respektiere, ist dass der einzige Glaubwürdige im Team, nicht aufsteht und die einfache Wahrheit sagt. Des Kaisers neue Kleider. Das ist Werber-Speak. Er weiss es.  Das hat er nicht verdient. Ich habe lange gerungen, um diesen Post zu scheiben. Ich wollte es nicht. Aber ich wollte das Feld auch nicht all den selbsternannten Social Media Experten allein überlassen.

Ob sich das Investment für Vodafone gelohnt hat, werden die (und vielleicht auch wir) am Ende des Jahres oder auch später sehen. Alles andere ist Social Media Theorie und Spekulation. Denn keiner der selbsternannten Experten in der Blogosphäre hat auch nur annähernd eine Aktion dieser Grössenordnung gefahren. Wenn überhaupt.

Aber wen juckt’s? Es ist Vodafones Geld. Und deren Image. Deren Entscheidung und Verantwortung. Ich bin gespannt, was T-Mobile daraus nun macht. Entspannen wir uns wieder. Und ziehen bescheiden die Lehren daraus. Dafür gebührt der Kampagne allerdings wiederum Respekt. Der nächste möge es besseranders machen.

Ja, das ist ein Rant, ohne Reflektion und Korrekturlesen.

55 Kommentare zu „Vodafone. Old School.

  1. Hey Nico, das ist hier die Generation Upload, die Generation Transparenz. Sprich Dich aus. Oder sind das alles nur PR-Sprüche? Du brauchst nicht wirklich zu antworten. Ich kenne die Antwort. ;-)

  2. Hört jetzt mal beide damit auf. Mit dem Jahresbericht 2009 in der Bilanzpressekonferenz im Frühjahr 2010 wissen wir alle mehr. Ich gehe davon aus, dass Vodafone zulegt. Wieviel, das sehen wir dann.

  3. Ob die Generation Upload statt Email lieber Kommentarfelder nutzt, um ein Telefonat auszumachen? ;-)
    btw: hab mir grad eben einfach mal ganz unbelastet den Spot angeschaut, und kam beim ersten Anschauen positiv rüber – denke das ist auf jeden Fall einer der besseren Spots im TV

  4. Hallo Cem, auch schon lange nichts mehr gehört. Ich finde deinen Artikel gut, besonders das Gezicke zwischen Nico und Chris…MEHR BITTE!

    Ich freue mich für Nico, dass er mit Vodafon die Möglichkeit bekommen hat Social-Media-mäßig Gas zu geben. Was mich noch interessieren würde. 15-20% fließen ins Online, aber wie hoch ist denn nun das Social-Media-Budget?

    Viele Grüße aus Freiburg in den hohen Norden!

  5. Anmerkung an mich: Das war in all den Jahren, in denen ich online öffentlich schreibe, einer der ganz wenigen Rants von mir. Vielleicht war das sogar der einzige heftige. Ziemlich untypisch für mich. Aber gestern Nacht konnte ich nicht anders.

    Mich hat so ziemlich alles und jeder enttäuscht und geärgert in dieser Sache. Ich nehme keine der Parteien aus.

    Die Idee der Kampange finde ich immer noch sehr gut. Dafür das ausdrückliche Lob, wie schon mehrfach gesagt, an Vodafone und die Berater. Und längst überfällig, dass einer der Majors sich dem Thema Social Media annimmt. Die Zeichen der Zeit haben sie erkannt und haben mutig diese Herausforderung angenommen.

    Die konkrete handwerkliche Umsetzung empfinde ich dagegen als Old School und stereotyp. Mainstream halt. Kultur, Sprache und Zeichensprache der Kampange entstammen nicht der Welt der Social Media und ihrer Mitglieder. Das hat die Mitglieder der Communities irritiert und gestört. Sie fühlten sich nicht angesprochen. Für sie wirkte es nicht glaubwürdig. Mich hat das zuweilen in der Haltung an die Werbung der Sparkassen für junge Konsumenten erinnert.

    Ich kann natürlich nicht wissen, welche Diskussionen hinter den Kulissen abgelaufen sind und sicher noch heftig laufen. Ich kann nicht wirklich wissen, welche enorme Arbeit geleistet worden ist und noch wird, um die Kampagne zu betreiben. Ich sehe nur das Ergebnis und die Reaktionen darauf. Und ich höre und lese die öffentlichen Diskussionen, die daraus entstanden sind. Die Argumente und Gegenargumente, die gegenseitigen Vorwürfe und Rechtfertigungen. Das zeigt mir, das irgendetwas offensichtlich nicht stimmen kann.

    Mir kommt es so vor, als ob zwei sehr unterschiedliche Kulturen bei dieser Kampagne aufeinanderstossen. Allein schon innerhalb des Macherlagers: Eingeborene Social Media Stammesmitglieder, Spurensucher, Pfadfinder, Kundschafter und Indianersoldaten, die die konventionellen grossen Truppen in traditioneller Kampfformation und ausgerüstet mit Waffen aus der alten Welt durch das für sie unbekannte Terrain geleiten. Die Historie der Eroberungsfeldzüge in der neuen Welt ist voll von diesen Geschichten.

    Für mich ist das ein grosses Lehrstück über „Classic meets Online“. Ich würde gerne darüber mehr erfahren. Wir alle können daraus lernen. Und nicht sinnlos und beleidigt aufeinander losschlagen. Wir lernen daraus aber auch nur, wenn wir offen und ehrlich miteinander umgehen.

    Ob und wie Social Media am Ende tatsächlich Mainstream wird, weiss ich nicht. Jedenfalls passiert das nicht über Nacht, sondern ist ein längerer Prozess.

    Mein Wort zum Sonntag.

  6. Wenn man mal den ganzen Zuckerguss wie Old School, Optik, die Machart des Spots, der PK usw. weg nimmt, bleiben doch eigentlich zwei Probleme: Mangelnde Glaubwürdigkeit und keine wirklichen relevanten Neuigkeiten.

    Die mangelnde Glaubwürdigkeit wurde ja schon mehrfach angesprochen. Da ist der angeblich bekannteste Blogger Deutschlands iPhone-Fan, was der geworbene Anbieter nicht offiziell im Angebot hat, der Anbieter unterstützt aktiv Zensur-Bestrebungen, wogegen sich viele der Teilnehmer ausgesprochen haben usw. Da kann man viele Dinge finden. Das ist aber eher Problem der Blogger, welche da mitgemacht haben. Die müssen das für sich vor dem Rest der „Follower“ verantworten.

    Was aber wirklich nur Vodafone anzulasten ist: Warum zur Hölle hat man nicht zeitgleich mit dem Start der Kampagne einen neuen Online-Tarif im Angebot, so, wie ihn sich die Zielgruppe wünscht? Warum nicht? Das wäre doch ein wirklich positiver Aspekt gewesen, wo man merkt, dass die Werbung ernst gemeint ist, ein Fakt, den man bei den Kommentaren zu dieser Werbegeschichte positiv hätte anmerken können.

    Warum hat Vodafone kein Angebot unterbreitet, dass man nicht ablehnen kann? Warum nicht? Das ist das, was ich absolut nicht verstehe. Die hätten doch jeden der Blogger in diesem Bus fragen können, hey, was gefällt euch nicht an Vodafone, da hätte jeder gesagt: Beschissene Daten-Tarife, beschissenen Hotline, beschissene AGBs. Ändern, fertig, die Netzgemeinde ist zumindest zum Teil glücklich.

  7. Habe die Angaben zum Mediabudget dank Nicos Hinweis in den Kommentaren (1) und laut Olaf Kohlbrück im „off the record“ Blog von Horizont.net korrigiert: (Update: „Die Etathöhe sorgt offenbar für Missverständnisse. Dabei handelt es sich um den geschätzten! globalen Media-Etat. Der Deutschlandetat wird im mittleren bis oberen zweistelligen Millionenbereich liegen.“ [via Off the record]) – Danke für den Hinweis, Nico.

  8. Na, wenn der Herr Lumma jetzt jeden persönlich anruft, der die neue Kampagne von Vodafone peinlich findet, dann hat muss er ja mal richtig arbeiten in nächster Zeit.

  9. Nein, dass ist nicht Vodafones Sache alleine, nur weil es Vodafones Geld ist.

    Hier wird mal wieder eine Gruppe mit einem Image beschmiert. Die selben Typen, die noch vor kurzem Computerbenutzer nur als „Feaks“ beschimpft haben, stellen sie jetzt als Freaks da, die von Häusern springen oder Würfel stapeln. Schublade auf, Label „Generation Upload“ drauf (ich könnte kotzen), und all diese merkwürdigen Computer- und Internetbenutzer rein.

    Hat die Hausfrau, wenn es um ihr verzerrtes Bild in der Wasch- und Putzmittelwerbung geht, kaum eine Möglichkeit dagegen zu halten, gibt’s im Internet etwas mehr Gegenwind. Was nicht heißt, dass die Hausfrauen nicht genau so sauer auf Waschmittelhersteller sind, wie die Internetgemeinde auf Vodafone.

    Das Vodafone bei den Testimonials auf, meiner Meinung nach, Scharlatane reingefallen ist, entschuldigt Vodafone nicht . Von wegen bekannteste und glaubwürdigste Protagonisten. Dummheit schützt vor Strafe nicht. 75% aller Haushalte in Deutschland haben einen Internetanschluss. Ganz normale Leute. Die sollen durch so ein paar durchgeknallte Protagonisten repräsentiert werden die von Häusern springen oder miese Rockmusik machen? Lachhaft!

  10. Ich mag diesen „Rant“ sehr, vor allem das Bild der Eroberungszüge in Südamerika (und damit indirekt auch auf Hinweis auf deren Scheitern beziehungsweise die üblen Folgen, die diese Invasionen eigentlich immer hatten, oft für die Eroberer, noch öfter und übler für die Eroberten) ist elegant und treffend gezeichnet.
    Die Kernfrage (wie bei jedem Angebot eines Carriers) bleibt für mich aber stets: Was habe ich von Vodafone? Ich sag‘ mal: Nüscht. Die Tarife für Sprache und Daten sind inklusive der Vertragslaufzeiten unattraktiv, die Hotline ist der Lohnsklave des Marketings, das Branding der Hardware (als Beispiel zeige ich immer das Telefon meiner Frau) ist teilweise abstoßend.
    Was bleibt also bei mir hängen? Werbung egal, weil Produkt pfui.

  11. Pingback: Danke
  12. Ich finde dein Beitrag Cem ragt ein wenig raus aus der momentanen Diskussion. Er ist nicht so schwarz / weiß wie viele, viele andere. Danke dafür. Ich finde den Spot auch ganz gelungen und weiß wirklich nicht warum es darum soviel Aufregung gibt. Allerdings ist Sascha Lobo schon irgendwie deplatziert, da er ja wirklich immer nur das iPhone predigt. Das wäre ja so als ob Tim Wiese für den HSV Werbung macht.
    Ansonsten ist es doch eher so, dass mit dieser Kampagne das erste Mal einer der großen sich auf diese Feld SM gewagt hat und der erste kriegt nun mal auf die Schnauze – egal wie gut oder schlecht es ist. Wahrscheinlich ein typischer Reflex in Deutschland. Außerdem fragt man 5 Leute was sie unter Social Media verstehen, werden unendlich viele Meinung rauskommen.
    Es gibt sicherlich ne Menge zu kritisieren. Was die Kampagne allerdings sich jetzt schon als „Erfolg“ auf die Fahne schreiben kann, ist, dass sie eine große Diskussion entfacht hat. Also ein bisschen mehr grau bei der Betrachtung und weniger Schwarz / Weiß wäre schon angesagt.

  13. Hallo,

    bei großen Unternehmen wie Vodafone bzw. bei PR im Allgemeinen geht es mittlerweile nur noch darum, den Namen ins Spiel zu bringen. Bislang ist die Kampagne ein voller Erfolg, weil jeder meint, seinen Senf dazu geben zu müssen.

    Es geht längst nicht mehr darum, ob die Resonanz auf eine Werbekampagne positiv oder negativ ist, es geht darum, überhaupt eine Resonanz zu erzielen…

    Grüße

    Gretus

  14. Schönes StatementCem, hebt sich sehr wohltuend ab von den restlichen Pros und Cons, und irgendwie fühle ich mich auch gerade ziemlich Old School. Am Ende ist es eben nur ein neuer TV-Spot, warum also die Aufregung?

    Was mich am meisten an der Kampagne stört ist eigentlich, dass ich seit Jahren meinen Kunden erkläre, dass Internet-User mittlerweile ca. 43 Mio. ganz normale Menschen sind. Und jetzt zeigt Vodafone in jedem Werbeblock diese Freak Show aus Luftgitarristen und Würfel-Staplern als Generation Upload. Dabei dürften Kunden ohne Hauptschulabschluß als Vodafone-Kunden häufiger anzutreffen sein als Blogger und das wird die Kampagne auch kaum ändern (können).

  15. Ach Kinder… schon der alte Bob hat gesungen: „the times they are a changing…“ und jetzt ist es unsere Zeit. Lasst uns mitmachen und unser Bestes geben. Aber lasst uns dabei die wichtigsten Werte nicht vergessen. Es geht nicht darum, wer „Recht“ hat. Es geht um Respekt, Anerkennung und Wertschätzung. Denn am Ende ist die Zukunft der große Eintopf in den wir alle gespuckt haben…

  16. EOD, in den Kontexten, in denen ich mich besser auskenne heißt das Explosive Ordnance Disposal. Auf Deutsch: Kampfmittelräumung. Wie sähe sowas im Netz aus?

    Davon abgesehen. Das ist kein Rant. Das ist die Bewertung eine Kampagne gemessen an den Zielen eines Unternehmens. Und wenn genug Menschen in die alte Schule gehen, ist sie genau richtig. Wer heilt hat recht.

  17. Ich lese mir schon seit Tagen, mal hier, mal da, die Meinungen und Kommentare zur aktuellen Vodafone-Kampagne durch und dieses ist der beste Beitrag dazu bisher. Nein, ich finde die Kampagne auch nicht gelungen, allerdings geht ein großer Teil der Kritik meiner Meinung nach am Thema vorbei. Vodafone hat mit ebendieser Kampagne nicht versucht sämtliche Blogger Deutschlans an sich zu binden und zu überzeugen, sondern die ganz normalen durchschnittlichen „Internetbenutzer“. Und das über alle Altersgruppen hinweg. Den Weg allerdings, den Vodafone und S&F dafür gewählt haben, haben sie falsch gewählt. Sascha Lobo ist, wie schon oft erwähnt, in dieser Kampagne für die Blogoshäre nicht glaubwürdig und alle anderen Testemonials außerhalb der Blogosphäre unbekannt. Daraus folgt für mich, das der durchschnittliche „Internetbenutzer“ nicht versteht, was man ihm sagen möchte und die Mitglieder der „Blogosphäre“ genau so reagieren, wie sie es momentan tun. Für den Schritt, als erstes großes Unternehmen eine SM-Kampagne zu machen, mag man Vodafone ja gratulieren, aber ich verstehe nicht, warum man es dann versäumt, die Zielgruppe auch gezielt anzusprechen. Ja, es ist meine Zeit, die ich vielleicht auch im Internet verbringe und die mir mit Sicherheit wertvoll ist. Ich kann sie damit verbringen, zu blogen, zu twittern oder anderweitig zu netzwerken. Wenn mir jemand den Nutzen, den ich davon habe erklärt. Ich kann auch unterwegs mal schnell im Internet nachgucken, wann die nächste Bahn geht. Ich kann aber natürlich auch von einem Hochhaus springen und mich dabei fotografieren und anschließend Luftgitarre spielend Würfel stapeln. Nur warum? Vielleicht werde ich dann ja berühmt, im Netz und darüber hinaus. Nur dann sollte mir das vielleicht jemand sagen. Warum tut es dann keiner? Die Kampagne will die Relevanz der neuen Möglichkeiten im Internet aufzeigen und damit ein Produkt verkaufen. Nur für die meisten ist die Relevanz nicht erkennbar und für die, die sie bereits erkannt haben, unglaubwürdig. Schade eigentlich. Aber vielleicht kommt da nochmal was.

  18. Damit hier keine Missverständnisse entstehen:

    Ich halte Nico Lumma für einen der besten und erfahrendsten Social Media Experten im deutschsprachigen Raum. Er ist einer der handvoll wenigen, die von der ersten Stunde an in der Social Media Szene dabei sind. Seit etwa 2000.

    Er ist einer derjenigen, die die Neuen Sozialen Medien im Land entscheidend mitgestaltet und mitgeprägt hat, unermüdlich dafür evangelisiert, Prügel eingesteckt und auch den gelegentlichen Frust runtergeschluckt und trotzdem weitergemacht haben.

    Er dürfte auch der erste sein, der eine Kampagne mit Social Media Beteiligung in der Grössenordnung Vodafone mitangeschoben und mitgewirkt hat. Ich zweifele nicht daran, dass der Ansatz und die guten Ideen dazu von ihm stammen. Wer die anderen Ideen und Konzepte dadrin ausgeheckt hat, weiss ich nicht…

    Und er ist ebenso der Geburtshelfer meines virtuellen Ichs vor vielen vielen Jahren. Ohne einen Nico oder einen Heiko Hebig gäbe es mich so heute nicht im Web.

    Ich schätze Nico über alle Massen. Als Mensch und als WebWorker.

    Aber bei so einer Kampagne kochen ja viele Köche wie die Lebenserfahrung einen lehrt.

  19. Social media und Werbung bzw. Imagebildung für ausschliesslich gewinnorientierte Unternehmen – das ist doch ein Widerspruch in sich.

    Das Prinzip von social media ist doch geben und nehmen zum gegenseitigen Nutzen, aber vielleicht habe ich das auch einfach nur falsch verstanden.

    Peinlich finde bei dem ganzen nur die Tatsache, dass Blogger, die sich laut und vernehmlich gegen Zensursula engagiert haben, jetzt ihre Glaubwürdigkeit für eine Handvoll Silberlinge verkauft haben.

    Und peinlich finde ich auch, dass ein Unternehmen, das sich der Generation upload anbiedert, nicht mal einen vernünftigen Datentarif im Angebot hat, bzw. die Beschränkungen in der kleinstmöglichen Schrift im hellsten Hellgrau in den Fussnoten versteckt.

  20. Mich wurmt garnicht der mittelmäßige TV-Spot. Mittelmaß ist deutscher TV-Spot Standard. Ich finde nur den Widerspruch, vorauseilender Gehorsam in Sachen Netzzensur und leere (bislang ziemlich inhaltsleere) Social Media Anbiederei, nicht tragbar. Nach einem Tag Bedenkzeit habe ich die Vodafone/Adnation Werbung wieder von meinem Blog genommen.

  21. Erstmal ein gelungener und fifferenzierter Beitrag zur VF-Kampagne. Die Frage ist doch, warum eine große Old-School-Agentur ausgerechnet einen Experten für Social Media engagiert. Spiegelt das alleine nicht schon wider, dass die Altherren in der S&F-Führung ihren eigenen Leuten nicht zutrauen, Social Media befriedigend umzusetzen, sodass möglichst ein (selbternannter) Guru her muss? Die Kampagne in Print und online ist anstandslos – aber halt nichts besonderes. Das Kernstück der Kampagne ist den Machern entglitten: ein Fiasko.

  22. Seit Usenet, Mail, Foren und Communities weiß man doch, dass mit Klick auf „Senden“ oder „Post“ das Ding online geht. Echtzeit halt – im Zweifel auch inkl. Wut, Indifferenziertheit, mangelnder Kenntnis, ein wenig zu persönlich etc.
    Danach zurückzurudern, zu differenzieren, sich gegenseitigen Respekt und Hochachtung zu versichern, mit Lob tünchen, in Mail und Telefonat die Aussage-Wucht rausnehmen … das erscheint mir Old School. Lieber selbst nochmals kurz über den Umgang mit den Medien nachdenken.

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