Am Rande des Netzcamp der SPD Hamburg hatte ich eine interessante kurze Unterhaltung mit Andy Grote, MdBü (SPD-Fraktion) und Fachsprecher Stadtentwicklung, über bezahlbare kleine Büroflächen für kleine Unternehmen und Startups. Anlass war eine Diskussion zwischen Olaf Scholz und Stephan Uhrenbacher auf dem Podium über “Herausforderungen für den Internetstandort Hamburg“ und mögliche Fördermodelle der Hansestadt.
Mir fiel dabei spontan die lange Tradition der Hamburger Kontorshäuser ein, die am Hafenrand und in der Innenstadt zwischen 1886 und etwa 1938 zu hunderten entstanden sind und die zu einem Teil heute noch existieren und im Gebrauch sind. Sie boten neben einigen grösseren Unternehmen gerade kleinen inhabergeführten Unternehmen Arbeitsraum. Mein Vater war Import-Export-Kaufmann und sass mit seinem Partner als ein Zwei-Mann-Unternehmen in der Poststrasse, dort wo heute einer der Eingänge des Hanse-Viertels ist. Ich bin in den Fünfziger und Sechziger Jahren in dieser Atmosphäre aufgewachsen. Diese Kontorshäuser waren sehr geschäftigt, beherbergten tausende von kleinen Unternehmen und man war damals in der Innenstadt und am Hafen sehr gut miteinander bekannt und vernetzt. Eine hafen- und lagerbezogene Variante waren dabei die Quartiersleute, wie der Name sagt: Genau vier Teilhaber bildeten einen Hafenbetrieb. Ein äusserst lebendiges und persönliches Wirtschaftsleben, dass es heute so nicht mehr gibt, seitdem die Innenstadt und der Freihafen grossflächig entkernt sind: Nicht nur die Häuser sondern auch die Menschen, die dort gearbeitet haben. Stattdessen wurden Megalobauten mit riesigen Büroflächen entworfen und gebaut. Die Hafencity ist eines dieser Wüsten.
Wäre es nicht gut, schön und nützlich die alte bewährte Tradition der Hamburger Kontorshäuser wiederzubeleben? Flächen für Startups und kleine Unternehmen mit zwei bis vier Arbeitsplätzen zu schaffen? Ein menschliches Klima für Wirtschaft und Wandel zu schaffen? Ich glaube, gerade Gründer und Unternehmer, die dem Home Office und den Co-Working-Spaces entwachsen, wären dankbar.
Eine simple Wirtschaftsförderung könnte ganz einfach darin bestehen, dass der neue Senat in Hamburg Folgendes macht:
- Übernahme der Mietbürgschaften für kleine Arbeits- und Büroflächen von jungen kleinen Unternehmen – Dabei würde kein echtes Geld benötigt.
- Übernahme der Mieten für eine gewisse Dauer – Maximal von einem Jahr.
- Förderung von Rückbau von bestehenden grossen Flächen in kleinteiligere und Anregen neue kleinteilige Flächen ausgestattet mit moderner Webinfrastruktur zu schaffen. Ich nenne sie mal „Beehives for Talents“ (Bienenkörbe für Jungunternehmen)
So könnten mit überschaubaren Mitteln die Kontore im zeitgemässen Kleid wieder entstehen und die Wirtschaft zusätzlich belebt werden. Hamburg wäre damit auch ein starker Magnet für Startups und frische Köpfe aus anderen Gegenden. Von Menschen und ihrer Arbeit lebt die Wirtschaft. Nicht nur von Konzernen und ihren Strukturen.
PS: Ja, in Hamburg fehlt natürlich ebenso jede Menge stadtnaher Wohnraum für Menschen und Familien mit kleinem Budget. Die Bau- und Bodenspekulation der letzten Jahre hat sie alle verdrängt. Ehemalige preiswerte Stadtviertel wie St. Pauli, Schanze, Ottensen und St. Georg werden langsam zu Yuppi-Hochburgen.
Vom Gängeviertel könnte man da lernen – oder den Hafenrand in Ottensen, der Szockwerk-weise leer steht instandbesetzen – von Start-up-Seite mal ne neue Entwicklung ;)
Erst müssten diese Flächen gebaut/eingerichtet werden. Selbst im günstigsten Fall würden in 5 Jahren erst Kleinunternehmen davon profitieren. Keine sehr motivierende Perspektive für Leute, die heute nach bezahlbaren Büroraum in Hamburg suchen.
Mal ein heißer Tipp: In Bremen gibt es die Überseestadt. Dort wird es besser gemacht und auch Raum für kleine, kreative Unternehmen geschaffen-.